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Erkenne sie! – Die Leuchtspur des Geschicks!

Friedrichshainer ZeitZeiger Berlin, Januar 2019 ...

Foto: Anne Winkler /

„Erkenne sie! – Die Leuchtspur des Geschicks! Es ist der Augenblick des Glücks!‘ (Udo Jürgens)“

Ein Besuch in Fräulein Beckers Lieblingsapotheke.

Von Dirk Moldt.

Im Stadtbild der Karl- Marx-Allee ist sie nicht zu übersehen – die Werbung für Fräulein Beckers Lieblingsapotheke. ‚Was kann an einer Apotheke besonders sein?‘ fragen sich manche – und zwar all diejenigen, die sie nicht kennen. Die Einrichtung der Lieblingsapotheke in der Karl-Marx-Allee 101 ist an sich nicht außergewöhnlich: gut ausgeleuchtete Regale, funkelnde Kronleuchter, schöne Bilder an den Wänden. Die Waldorfschrift zeigt, dass man hier Fan der anthroposophischen Denkweise ist. Aber erst wenn man mit der Inhaberin Margrit Becker spricht, eine eher kleine, schmale, fast zierliche Frau, dann merkt man es: freundlich, kompetent und immer einen ersetzen durch: kessen Spruch auf den Lippen.

Zuerst nicht das Richtige

Als Berliner hat man bestimmte Vorstellungen von der Welt: flotte Sprüche – so was kann nur eine Berlinerin! Doch in diesem Falle weit gefehlt! Margrit Becker ist es sofort anzuhören, dass sie eine Hinzugezogene ist. Aufgewachsen ist sie im thüringischen Schmalkalden. „Als Kind war ich oft in der Apotheke meiner Tante. Eine alte Mär erzählt, dass das erste Wort, das ich gesagt haben soll, wohl ‚Theke‘ lautete.“ Wer glaubt, dass damit der weitere Lebensweg zur Apothekerin vorgegeben war, irrt. „Eigentlich wollte ich in die Fußstapfen von Heinz-Florian Oertel treten und Sportreporterin werden.“ Dafür bewarb sie sich beim DDR-Fernsehen in Berlin-Adlershof, bestand aber aufgrund ihres damals noch extremen thüringischen Dialekts die Aufnahmeprüfung nicht. Sie verwarf die Empfehlungen der Berufsberatung, die in Richtung Nationale Volksarmee, Ökonomie oder Russisch-Lehrerin-Studium in Mühlhausen gingen und studierte stattdessen Lehramt für Chemie und Biologie in Potsdam. Wegen der Umstellungen 1990 dauerte ihr Studium ganze sechs Jahre zuzüglich zwei Jahre Referendariat in Wolfen-Nord. „Als ich den Abschluss als Gymnasiallehrerin in der Tasche hatte, wurde mir bald klar, dass es absolut nicht mein Ding ist, anderen vorzugeben, was sie zu lernen haben. Und es liegt mir völlig fern, irgendetwas zu bewerten!“

„Sie wollen bestimmt zu Frau Becker!“

Mit der Option, einmal die Apotheke ihrer Tante zu übernehmen, bewarb sie sich schließlich für ein Pharmaziestudium und wurde tatsächlich mit dem Zeugnis des vorhergegangenen Lehrerstudiums zugelassen. „In meinen Augen ist das Pharmaziestudium eines der schwersten überhaupt. Besonders an der Freien Universität. Zum Start waren wir ungefähr 110 Studenten, davon waren zum Schluss noch sieben übrig!“ Immer wieder wird unser Gespräch von Kunden unterbrochen, die hereinkommen und bedient werden möchten. Eine ältere Dame betritt das Geschäft und bekommt von Frau Rüsch, Pharmazeutisch kaufmännische Angestellte und Dr.-Hauschka-Kosmetikerin, ein Wartebonbon überreicht. „Ich will aber auch noch zu Ihnen!“ meldet sich die Kundin schon mal sicherheitshalber bei der Chefin an. Hier kommt man nicht einfach nur her, um sich Medikamente zu besorgen, hier wird miteinander geredet. Im Jahr 2000 hatte Margrit Becker ihr Studium abgeschlossen. Das Praktikum absolvierte sie in Rangsdorf. Ihre erste Arbeitsstelle als ‚fertige‘ approbierte Apothekerin trat sie in der Bahnhof-Apotheke Friedrichshain an. „Es war eine unglaublich schöne Zeit! Ich konnte tun und lassen, was ich wollte und brauchte mich einfach nur um die Bedürfnisse der Menschen zu kümmern – nicht um’s Einkaufen oder Wegräumen. Nur die Hilfesuchenden und ich!“ Irgendwann hatte der Chef dann die Nase vom ‚Wir möchten aber lieber zu Frau Becker!‘ voll und entließ sie. „Ich hätte diese Apotheke niemals verlassen, wenn ich nicht hätte gehen müssen. Ich hatte alles, was ich wollte!“ Nun gab es zwei Möglichkeiten: entweder Vertretungsapothekerin werden oder eine eigene Apotheke eröffnen.

Die Menschen werden mit Herzlichkeit bedient

2007 tanzte die Lieblingsapothekerin mit ‚ihrem Udo‘ auf den Ohren durch ihre geliebte „Kalle Malle“, betrat die Robert-Koch-Apotheke, kam mit dem Besitzer ins Gespräch und fragte ihn, ob er denn eventuell die Apotheke verkaufen wolle. Er wollte! Und zwar unglaublich gern, denn er war eigentlich schon Rentner und saß nur noch aufgrund der Mietvertragsbindung hier seine Zeit ab. Mit der Abfindung bezahlte Frau Becker den Rest des Warenlagers und entließ den Altapotheker in seinen verdienten Ruhestand. Ab diesem Moment steckte sie all ihre Liebe und Energie in das Projekt, eine Apotheke zu erschaffen, die den Menschen sieht und versucht, ihm das zu geben, was er gerade braucht. Zwei Damen kommen hinein, eine Frau im besten Alter und ihre Mutter am Rollator. Man kennt sich. Die alte Dame hat ein Rezept dabei, die Tochter braucht Beratung für eine Flugreise, die sie bald zu unternehmen beabsichtigt. Die bekommt sie. Dann kommt ein junges Paar, das sich für das kranke Baby einen milden Hustensaft wünscht. Während sich die Mutter beraten lässt, sitzt der Vater auf dem roten Sofa, das irgendwann einmal auf der Bühne der Komischen Oper stand, ruft dem Kleinen im Wagen etwas zu und freut sich sichtbar über jede Reaktion des Babys. Die Lieblingsapotheke wie sie leibt und lebt. Frau Becker ist sehr aktiv, wenn es um Werbung geht. „Haben Sie das nötig?“ frage ich. „Das kostet doch bestimmt ’ne ganze Menge Geld?“ – „Ja, kostet es.“ erwidert die Lieblingsapothekerin. „Aber es geht mir einfach darum, dass Menschen fröhliche Momente erleben können! Und wenn ein Kind in die Lieblingsapotheke kommt und zu mir sagt: ‚Oh, du bist ja berühmt! Du hängst in der U-Bahn!‘, oder wenn einer vorbeigeht und mir durch die Scheibe zuwinkt, weil er unseren Mini-Film im Kino ‚International‘ gesehen hat, das ist geil. Das ist Leben!“


 Foto: Anne Winkler

 Foto: Anne Winkler

In den Zeitungen war es zu lesen: die Immobilienfirma Deutsche Wohnen hat einen Teil der Gebäude in der Karl-Marx-Allee aufgekauft, 700 Wohnungen. Diese Firma hat einen denkbar schlechten Ruf, gerade in Bezug auf das sensible Thema Wohnen. Manche bezeichnen sie als staatlich gebilligtes Institut zur Vertreibung von Menschen. Wie auch immer, es ist damit zu rechnen, dass die Mieten erneut steigen werden. Gegen diese Entwicklung regt sich Protest, Mieter hängen Protestplakate vor die Fenster. Margrit Becker unterstützt die Proteste und erkennt auch einen positiven Aspekt: „Die Menschen bewegen sich. Das ist super! Aber im Sinne der Idee von den Erbauern der Allee verläuft diese Entwicklung absolut nicht! Karl Marx hatte offensichtlich Recht mit seiner Analyse.“ Die Proteste und die Unterstützung durch den Bezirk haben erreicht, dass der Verkauf an die Deutsche Wohnen vorerst gestoppt wurde. Damit findet sich die Immobilienfirma allerdings nicht ab. Sie wird dagegen klagen und hat bereits den Kauf weiterer Wohnungen angekündigt. Ein Krimi auf Kosten der Einwohner. Für Frau Becker und ihre vielen treuen Kunden wünschen wir alles Gute und noch viele gute Jahre mit viel Liebe.